Wissenswertes zum Recht auf Arbeitszeugnis

Arbeitszeugnisse sind ein wichtiges Element der Bewerbungsunterlagen. Nicht umsonst werden in Deutschland jedes Jahr über 30.000 Gerichtsverfahren über dessen Inhalte geführt. Wie Sie Ihr Recht auf ein Arbeitszeugnis durchsetzen, verrät der folgende Artikel.

Kurz gesagt

  • Der Arbeitgeber ist zur Ausstellung eines Arbeitszeugnisses verpflichtet.
  • Der Arbeitnehmer muss sein Recht auf ein Arbeitszeugnis innerhalb einer Frist von 3 Jahren geltend machen.
  • Ein Arbeitszeugnis ist eine Urkunde, die bestimmten Formalien unterliegt.
  • Die Beurteilung des Arbeitnehmers muss nach den Grundsätzen der Wahrheit und des Wohlwollens erfolgen.

Wer hat Anspruch auf ein Arbeitszeugnis und wer nicht?

Jeder Arbeitnehmer hat in Deutschland das Recht auf ein Arbeitszeugnis (§109 GewO - Gewerbeordnung). Meist ist dieser Anspruch in den Arbeitsverträgen geregelt. Er ergibt sich jedoch auch aus der Fürsorgepflicht, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gegenüber hat.

Auch geringfügig Beschäftigte, Minijobber und arbeitnehmerähnliche Personen wie Handelsvertreter oder Heimarbeiter können auf ihr Recht auf ein Arbeitszeugnis pochen. Ebenso Vorstandsmitglieder oder Geschäftsführer einer GmbH, jedenfalls sofern sie nicht gleichzeitig Gesellschafter sind.

Ohne Arbeitszeugnis auskommen müssen dagegen Selbstständige und freie Mitarbeiter. Allerdings hat auch diese Gruppe das Recht auf eine Beurteilung ihrer Leistung, wobei - anders als beim Arbeitszeugnis - hier keine formalen oder juristischen Schemata beim Inhalt eingehalten werden müssen.

Ab wann besteht Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?

Der Anspruch beginnt unmittelbar nach Beendigung des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses, genauer gesagt, nach Ablauf der Kündigungsfrist (§630 BGB).

Ein lediglich vorläufiges Arbeitszeugnis ist möglich:

  • solange die Kündigungsfrist noch läuft
  • wenn eine Kündigungsschutzklage anhängig ist
  • wenn bei Ablauf der Kündigungsfrist der Rechtsstreit noch nicht abschließend entschieden ist (BAG BB 1987, 1816)

Wichtig: Ein vorläufig ausgestelltes Arbeitszeugnis ersetzt nicht ein abschließendes Arbeitszeugnis. Ist die Kündigungsfrist abgelaufen und der Rechtsstreit beigelegt, muss der Arbeitgeber ein neues, diesmal abschließendes Arbeitszeugnis ausstellen. Positive Formulierungen aus dem vorläufigen Arbeitszeugnis müssen allerdings vom Arbeitgeber nicht in das endgültige Arbeitszeugnis übernommen werden (LAG Düsseldorf BB 1976, 1536).

Wie lange besteht das Recht auf ein Arbeitszeugnis?

Möchte man seine Arbeitsmappe mit einem Arbeitszeugnis veredeln, muss der Anspruch auf das Zeugnis innerhalb von 3 Jahren nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb geltend gemacht werden - denn danach ist der Anspruch verjährt.

Nach einem Urteil des LAG Hamm vom 09.09.2000, Az. 4 Sa 714/99 kann der Anspruch sogar schon nach einem Jahr verfallen. Man sollte also nicht unnötig trödeln.

Tipp: Das Ausstellungsdatum auf dem Arbeitszeugnis ist von Bedeutung. Grundsätzlich sollte es das Datum des letzten Beschäftigungstages tragen, auch wenn dieser ein Sonn- oder Feiertag war. Ein früheres oder späteres Datum könnte von Personalern als Indikator für Probleme missdeutet werden. Spätere Rückdatierung sind nicht möglich.

Wie sollte ein Arbeitszeugnis aussehen?

An Inhalt und äußerlicher Form werden an ein Arbeitszeugnis gewisse Anforderungen gestellt, die in §109 GewO niedergelegt sind.

Allgemein

So müssen sich in einem individuellen Arbeitszeugnis mindestens Angaben über die Art der ausgeübten Tätigkeit und die Dauer der Beschäftigung wiederfinden (einfaches Arbeitszeugnis). Zusätzlich kann der Arbeitnehmer verlangen, dass auch seine Arbeitsleistung und sein Verhalten während der Beschäftigungszeit bewertet wird (qualifiziertes Arbeitszeugnis).

Alle im Arbeitszeugnis gemachten Aussagen müssen klar und unmissverständlich formuliert sein, d.h. das versteckte Andeutungen, die das Eine meinen, aber das Andere sagen wollen, unterbleiben müssen.

Außerdem muss das Arbeitszeugnis in ausgedruckter Form und mit Original-Unterschrift des Arbeitgebers vorliegen.

Wohlwollenspflicht

Für Arbeitnehmer dürften die Rechtsansprüche auf Wahrheit (Urteil vom 23.06.1960 5 AZR 560/58) und Wohlwollen (Urteil vom 26.11.1963 VI ZR 221/62) am interessantesten sein. Dennoch muss der Arbeitgeber keine Lobeshymnen auf den Arbeitnehmer anstimmen. Es muss nicht zwingend ein gutes Arbeitszeugnis erteilt werden. Wohlwollen meint hier lediglich, dass ein Arbeitszeugnis kein Verriss sein soll. Eine weitere berufliche Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber muss möglich bleiben.

Ferner muss der Arbeitgeber nach dem Grundsatz der Wahrheit beurteilen. Vermutungen, Interpretationen oder bloße Behauptungen gehören nicht in ein Arbeitszeugnis und begründen das Recht auf eine Nachbesserung. Ein bereits erteiltes fehlerhaftes Arbeitszeugnis bedarf der Korrektur.

Wer darf das Arbeitszeugnis verfassen?

Erteilen darf das Arbeitszeugnis nur der Arbeitgeber (BAG BB 1971, 1280). Sofort nach Erhalt sollte das Zeugnis von sachkundigen Experten auf versteckten Tadel oder unwahre Behauptungen geprüft werden. Ein Anspruch auf bestimmte Formulierungen besteht nicht.

Tipp: Übrigens dürfen Arbeitnehmer ihr Arbeitszeugnis auch selbst formulieren - solange der Arbeitgeber nichts dagegen hat. Das hat den Vorteil, dass man eventuellen Streitigkeiten von vornherein aus dem Weg geht. Die Beurteilung muss aber auch in diesem Fall dem Grundsatz der Wahrheit entsprechen!

Formvorschriften und Unterschrift

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat klar definiert, wie sowohl ein einfaches wie auch ein qualifiziertes Arbeitszeugnis aussehen muss. Denn es handelt sich um eine Urkunde, d.h. keine Kaffeeflecken, keine Durchstreichungen und keine unterschwelligen Interpretationen wie Hervorhebungen, Fettgedrucktes, Unterstreichungen, Ausrufe- oder Fragezeichen.

Kopien bedürfen außerdem der Original-Unterschrift, nicht unbedingt vom obersten Chef, aber mindestens von der rangmäßig nächsthöheren Person mit Vertretungsvollmacht. Des Weiteren besagt eine ungeschriebene Regel: Ein Arbeitszeugnis darf nicht gefaltet werden (Unversehrtheit)!

Welche Pflichten müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils beachten?

Der Arbeitgeber ist zur Ausstellung eines Arbeitszeugnisses gesetzlich verpflichtet, insbesondere nach Beendigung der Beschäftigung. Aber auch Zwischenzeugnisse, ohne dass dem Arbeitnehmer gekündigt wurde, sind möglich.

Beachtet werden sollte, dass der Arbeitnehmer das Zeugnis ausdrücklich vom Arbeitgeber verlangen muss. Von sich aus muss dieser nicht tätig werden.

Des Weiteren muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Arbeitszeugnis nicht zusenden, er muss es lediglich ausstellen und zur Abholung bereithalten. Denn der Arbeitnehmer hat im Gegenteil eine “Holschuld” (BAG BB 1995, 1355), die lediglich dann erlischt, wenn der damit verbundene Aufwand zu große wäre oder der Arbeitgeber mit der Ausstellung in Verzug ist.

Wie können Sie Ihren Anspruch auf ein Arbeitszeugnis durchsetzen?

Kommt der Arbeitgeber seiner Zeugnispflicht nicht nach oder wird das Arbeitszeugnis auch nur zu spät ausgestellt, kann der Arbeitnehmer Schadensersatzansprüche geltend machen. Konkret könnte der Schaden zum Beispiel darin bestehen, dass ihm durch das fehlende Arbeitszeugnis die Suche nach einem neuen Job erschwert wird.

Auch wenn der Arbeitnehmer noch im Besitz von Firmeneigentum ist (Dienstwagen, Handy) darf der Arbeitgeber das Arbeitszeugnis nicht zurückbehalten. Tut er es dennoch, begründet auch das einen Schadenersatzanspruch.

Konkret bedeutet das: Weigert sich der Arbeitgeber, ein Arbeitszeugnis auszustellen, haben Sie drei Möglichkeiten

  1. Sie fordern den Arbeitgeber zunächst schriftlich auf, das Zeugnis auszustellen und setzen dafür eine angemessene Frist
  2. Reagiert er darauf nicht, besorgen Sie sich Rechtsbeistand.
  3. Reagiert der Arbeitgeber darauf immer noch nicht, bleibt nur der Gang vor das Arbeitsgericht

Sollten Sie durch das fehlende Arbeitszeugnis ernsthafte berufliche Nachteile befürchten, können Sie die Zwischenzeit nutzen und durch das Arbeitsgericht eine einstweilige Verfügung erwirken. So können Sie den Bewerbungsprozess auch mit Arbeitszeugnis fortsetzen.