Landgericht urteilt: CONNY gewinnt gegen Deutsche Wohnen

Zuletzt aktualisiert am 2. Oktober 2019

Deutschlands zweitgrößter Vermieter scheitert mit einem einfallsreichen Versuch, die Mietpreisbremse zu umgehen.

Ab wann und wo die Mietpreisbremse gilt

Berlin, 09. Juli 2019: Das Mieterportal CONNY (früher wenigermiete.de) hat am Landgericht Berlin ein Musterurteil gegen Deutsche Wohnen erzielt: Der mit über 100.000 Wohnungen zweitgrößte Vermieter Deutschlands hat in mehreren Fällen versucht, für die Neuvermietung einer Wohnung gleichzeitig zwei Verträge abzuschließen. Zuerst unterschreiben die Mieter einen normalen Mietvertrag, in dem die Miete etwa auf dem höchstmöglichen Niveau des Mietspiegels liegt. Direkt danach, oft am selben Tag, unterschreiben die neuen Mieter einen Zusatzvertrag, in dem mehrere hundert Euro auf die Miete draufgeschlagen werden - für geplante, noch nicht durchgeführte Modernisierungen. Diese Praxis zur Aushebelung der Mietpreisbremse ist unrechtmäßig, wie nun das Landgericht in zweiter Instanz befand.
“Viele Mieter denken, wenn Sie einen Vertrag von einem großen, börsennotiertem Unternehmen vorgelegt bekommen, dann muss der Hand und Fuß haben. So ist es aber nicht. Wir sehen, dass auch sehr große Unternehmen, die unter öffentlicher Beobachtung stehen, ständig neue Versuche unternehmen, das Mietrecht zu umgehen, und die Rendite für ihre Anleger auf Kosten von Mietern weiter zu erhöhen,” sagt Daniel Halmer, Geschäftsführer und Gründer vom Startup CONNY, das die Verbraucherplattform conny.legal betreibt.

Zum Trick “Doppelvertrag”

Im Fall der jetzt am Landgericht entschieden wurde, ging es um eine 84,5m2 große Wohnung in Berlin Friedrichshain. Der erste Mietvertrag sah eine monatliche Kaltmiete von 573,29 Euro vor. Zugleich unterzeichneten die Mieter eine zweite Urkunde "Nachtrag zum Mietvertrag". Darin werden Baumaßnahmen vereinbart: die Verlegung von Mosaikparkett und von Küchenbodenfliesen sowie die Installation eines Handtuchheizkörpers. Somit steige die Nettokaltmiete einen Monat nach Einzug auf 716,93 Euro.
“Wir betreuen mehrere Mieter gleichzeitig bei denen dieser Trick versucht wurde. Wir glauben, dass Deutsche Wohnen hier möglicherweise mit System vorgeht und eine Abzocker-Masche daraus machen will,” sagt Daniel Halmer.
Das Landgericht in Berlin entschied nun, dass maximal eine Miete von 507,62 Euro gerechtfertigt ist. Also noch weniger als der Basismietvertrag. Der Mieter kann also mit einer monatlichen Ersparnis von 200 Euro rechnen.
“Viele Mieter sind so verzweifelt auf der Suche nach einer Wohnung, dass sie alles unterschreiben, was ihnen unter die Nase gehalten wird. Spätestens nach dem Einzug in die neue, oft überteuerte Wohnung, lohnt es sich, noch einmal nachzuprüfen: Ist es überhaupt legal, was man da unterschrieben hat?” sagt Daniel Halmer.

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Nicht der erste Trick zur Umgehung des Mietspiegels

Erst kürzlich war Deutsche Wohnen mit einem anderen Trick gescheitert, den Mietspiegel auszuhebeln. Das Unternehmen hat behauptet, der Berliner Mietspiegel kann als Grundlage für die Vergleichsmiete nicht herangezogen werden und hat stattdessen ein Gutachten mit der Miethöhe von drei anderen, vergleichbaren Wohnung präsentiert. Deutsche Wohnen gewann in erster Instanz. Das Urteil wurde kurze Zeit später vom Landgericht Berlin aufgehoben. Wäre Deutsche Wohnen mit den drei selbstgewählten Vergleichsmieten durchgekommen, hätte das die Gültigkeit des Mietspiegels in Berlin grundsätzlich in Frage gestellt.

“Insbesondere Unternehmen, die in Besitz großer Datenmengen mit vielen Mietverträgen sind, hätten dann sehr viel neuen Raum bekommen, massenhaft Mieterhöhungen und überteuerte Neuvermietungen durchzusetzen,” sagt Daniel Halmer, Geschäftsführer und Gründer von CONNY.

Auch andere Berliner Wohnungsunternehmen bemühen den Umgehungstrick

Deutsche Wohnen ist nicht der einzige Vermieter, der per “Doppelvertrag” versucht, die Mietpreisbremse zu umgehen. CONNY liegt ein ähnlich gelagerter Fall des Unternehmens Berlinhaus Verwaltung (für den Eigentümer Prajs GmbH & Co. Immobilien KG) vor. Berlinhaus schloss Ende November 2018 einen Mietvertrag für eine ab März 2019 zu vermietende Wohnung in der Sonnenallee (Berlin Neukölln) ab. Die Miete lag nach Berechnung von wenigermiete.de mit 896 Euro (12,30 Euro/Quadratmeter) bereits weit über dem Mietspiegel (maximal 7,56 Euro/Quadratmeter). Wenige Tage später unterzeichneten Mieter und Vermieter einen Nachtrag, in dem Renovierungsarbeiten vor Einzug angesetzt werden. Die daraufhin vereinbarte Kaltmiete stieg um knapp 200 Euro auf 1090 Euro. Die Quadratmetermiete von 15,00 Euro belief sich letztlich auf das Doppelte des per Mietspiegel ausgegebenen Wertes. Die angesetzte Renovierung umfasste bspw. das Abschleifen von Türen und das Malern von Wänden. Die meisten dieser Posten waren Instandhaltungsarbeiten, die der Vermieter, anders als Modernisierungsmaßnahmen, nicht auf die Kaltmiete umlegen kann.

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